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B o d e n w e r d e r |
Eine Reise in die Unendlichkeit des Sehens
Temperamentvolle Bildwelten - Münchhausen-Museum zeigt Werke des Malers Rudolf Draheim
Von Sabine Weiße
Bodenwerder. Was für ein Farbenspiel! Wie ein Wirbelwind findet sich
das tiefe Rot mit einem satten Weiß und erreicht den oberen Bildrand.
Fleckenartiges Königsblau legt sich davor, ein sanftes Grün ergießt
sich bis an die untere Kante. Reines Gelb erfährt Halt von weiß-grauen
Pfeilern. Hinter mystisch wirkenden, blauen-grünen Schwaden strahlt es
warm aus der Tiefe.
Dicht umringt: Die Mappe "Münchhausens Ostwind". Fotos: saw
"Lassen Sie sich umarmen von den Farben. Tauchen Sie mit all' Ihren
Sinnen ein in temperamentvolle Bildwelten mit starker energetischer
Kraft." Sachkundig und gleichermaßen fesselnd führte Dr. Petra Lange,
Kunstwissenschaftlerin und Galeristin aus Berlin, am frühen
Freitagabend in eine Ausstellung ein, die man wohl ohne Übertreibung zu
den hochkarätigsten zählen kann, die bislang im Münchhausen-Museum in
der "Schulenburg" zu sehen waren. Unter dem Titel "Eine Frage des
Lichtes" zeigt die Stadt Bodenwerder bis zum 1. September Ölbilder des
Berliner Künstlers Rudolf Draheim.
14 kleinformatige Arbeiten sind zudem in der Hauptgeschäftsstelle der
Sparkasse Weserbergland in Bodenwerder ausgestellt. Das Geldinstitut
hat auch diese Präsentation finanziellgroßzügig unterstützt. Aus
Westpreußen vertrieben, fand der 1941 in Dembno (Westpreußen) Geborene
mit seinen Eltern in Kemnade eine neue Heimat, absolvierte von 1956 bis
'59 eine Zimmermannslehre, bevor es ihn nach Hamburg, Berlin und hinaus
in die Welt zog. Dass die Verbindung an die Weser nie abbrach, bewiesen
am Abend der Vernissage die zahlreichen Gäste, herzliche Umarmungen und
manche vertraute Geste. Mit seinen expressionistischen Bildwelten hat
sich der Maler Rudolf Draheim
international Renommee erworben - und spürt dennoch bis heute eine
tiefe Verbundenheit zur Münchhausenstadt. So überreicht er an
Bürgermeister Hartmut Schüler und Museumsleiter Werner Koch eine Mappe
mit vier Ölbildern: "Münchhausens Ostwind". "Das ist eine Dankesgabe an
die Stadt Bodenwerder für die damalige hilfsbereite Aufnahme der
Familie Gustav und Edda Draheim
nach der Vertreibung aus dem Osten 1949", erläuterte der Künstler.Eine
Analogie zwischen dem Namensgeber des Museums und den Arbeiten Draheims
stellte Laudatorin Dr. Petra Lange her: "So wie in den Erzählungen des
Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen sich die Fantasie
des Geschehens mit einer wortreichen, bildhaften Sprachkraft verband,
so vollzieht sich in der Malerei von Rudolf Draheim
jenes Ausloten von Farbsetzung, Kontrasten, Farbbewegungen und Erkunden
ihrer Materialität, das letztendlich in einer erfundenen Bildwelt
mündet." Allesamt titel- wie rahmenlos, stellen Draheims
kraftvolle Farbkonstellationen lediglich Ausschnitte eines Riesenkosmos
dar - sie lassen dem Betrachter Raum für grenzenlose Inspiration. Die
Farben Gelb, Rot und Blau dominieren die Arbeiten Draheims - wobei er
dem Rot den fulminantesten Auftritt gewährt. "Es ist sein Kristall.
Oder es bäumt sich auf zum Bild prägenden, auch mitreißenden Strom",
führte die Kunstwissenschaftlerin aus. Gesetzte, geschwungene oder
fließende Flächen, die gewollt oder auch zufällig ineinander wirken,
bilden die Basis der Bildinszenierung. So lassen Zufall und
kompositorische Strenge Farbräume entstehen, die mit vertikalen
Schwüngen und fließenden Horizonten kommunizieren - Augen und Gedanken
gleichermaßen zum Richtungswechsel ermuntern. "Überlagerungen und
scheinbare Kämpfe zwischen den Farben verleihen den abstrakten Szenen
ihre Vitalität", so Dr. Petra Lange. Im Kontrast dazu stünden die als
Licht fungierenden Primärfarben, deren Reinheit zuweilen Tiefe
erscheinen lasse. Draheims Bilder laden den Betrachter ein zu einer
Reise in die Unendlichkeit des Sehens, des Entdeckens und des Erkundens
ganz individueller Fantasiewelten. © Dewezet B, 14.08.2006